Aktionstage für ein neues
Wann sind denn die Aktionstage? |
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Warum und wofür solche Aktionstage? Vier Jahre ist es mittlerweile her, dass in der Alten Bergheimer Straße in Heidelberg unter Polizeischutz die Bagger anrückten, um das Gebäude des Autonomen Zentrums vor den Augen der BetreiberInnen dem Erdboden gleichzumachen. Die glatten Beton- und Glasfassaden zwischen Stadtbücherei und Polizeifestung erinnern heute nicht mehr daran, dass hier acht Jahre lang das Zentrum unabhängiger, unkommerzieller, widerständiger und innovativer Kultur in Heidelberg war. Und in den etablierten Medien ist nur noch selten davon zu hören, dass die Stadtverwaltung unter Oberbürgermeisterin Beate Weber öffentlich zugesagt hatte, für einen gleichwertigen Ersatz zu sorgen. Es herrscht wieder „Frieden“ in Heidelberg. Die Stadt wird „gereinigt“ von allem, was keinen Profit verspricht, Kampagnen „gegen Schmutz und Schmiererei“ werden geführt, und die neue Polizeiverordnung sorgt im Verein mit überall präsenten OrdnungshüterInnen dafür, dass Obdachlose, Alkis, Punks und BettlerInnen nicht mehr das harmonische Straßenbild stören. Demokratie in Heidelberg bedeutet, zwischen Nike und Adidas, zwischen CDU und SPD wählen zu können. Aber wir sind immer noch da, und wir machen weiter! Wir lassen uns auch durch ein Heer von Putzkolonnen, Bullen und SozialarbeiterInnen nicht aus dem Bild dieser sauberen TouristInnenmetropole vertreiben, die für ihre nicht zahlungskräftigen EinwohnerInnen nichts auf Lager hat als spießigen Muff, Beschwichtigung und Ausgrenzung; das alte Konzept von Zuckerbrot und Peitsche. Mit den Aktionstagen für ein neues selbst verwaltetes politisches und kulturelles Zentrum wollen wir unsere Vorstellungen von spannender, vielfältiger linker Kunst, Kultur und Politik auf die Straßen Heidelbergs tragen. Wir wollen öffentlich zeigen, dass eine Kultur jenseits von kommerziellem kulturellem Mainstream und politischem Einheitsbrei möglich ist. Wir pfeifen auf Vereinnahmungsversuche der Stadt, die als „Jugendhalle“, „städtisches Jugendzentrum“ oder „Partyräume“ daherkommen. Offensichtlich ist den verknöcherten Stadtratsgehirnen nicht klar zu machen, dass freie Kultur etwas anderes sein könnte als betreuter Bier- und Colakonsum. Und beim Stichwort „Jugend“ fällt den Stadtoberen scheinbar ohnehin nichts anderes ein als Kontrolle und Betreuung. Wir brauchen keine Bevormundung, keine Beaufsichtigung und kein „pädagogisches Programm“. Was wir brauchen, sind Räume, in denen wirkliche Selbstverwaltung stattfinden kann, in denen sich Menschen jenseits von Konsumzwang und Reihenhausisolation begegnen und gemeinsam ihre politischen und kulturellen Ideen verwirklichen können. Dass das möglich ist, haben wir mit dem Autonomen Zentrum acht Jahre lang bewiesen. Diese Stadt gehört nicht nur den TouristInnenherden, den Biedermännern und -frauen und den „glücklichen“, „freien“ EinkäuferInnen. Sie gehört allen Menschen, die hier leben, ganz gleich, wie alt sie sind, was für einen Pass und welche Hautfarbe sie haben, und ganz gleich, ob sie es sich leisten können, für 20 Euro am Abend „Kultur“ zu konsumieren oder von Sozialhilfe ihr Dasein fristen müssen. Wir laden alle Menschen ein, sich an den Aktionstagen zu beteiligen, eigene Ideen einzubringen oder sich einfach nur zu informieren. |
Und was war so los bei den bisherigen Aktionstagen? Aktionstag am 08. Dezember 2003 in der Heidelberger Altstadt und auf dem Weihnachtsmarkt. Mit Couch, Geige, Saxophon, Trommel, Lebkuchenhaus und
Demopuppe zogen ca. 15 Leute durch die Heidelberger Altstadt. Thematisch
wollten wir den PassantInnen nahebringen: wenn kein AZ, dann keine Proberäume
und deshalb Ungewöhnliches Geschehen fand am 14. Juli auf dem Akademieplatz statt. Dort, wo normalerweise höchstens ein bis zwei Straßenmusikanten stehen, tummelten sich ungefähr 40 junge Menschen, die ihre Kunst im Jonglieren, in der Akrobatik, Trommeln und Thai-Boxen zum Besten gaben. Umrahmt wurde diese Darbietung von der gemeinsamen Forderung nach einem neuen selbstverwalteten Zentrum für Heidelberg. So erfuhren die vorbeieilenden Passanten über die mitgebrachten Transparente von der Hauptforderung und alle, die stehen blieben oder sogar nachfragten, wurden persönlich informiert oder erhielten Flyer mit erläuterndem Inhalt. Die Resonanz war positiv, denn besser als eine Demonstration oder Kundgebung, zog die angewandte Kombination aus Bewegung und Information eine Vielzahl von Menschen an, die einem selbstverwalteten Zentrum sehr gewollt gegenüber stehen. Gegen 18.30 Uhr trafen sich die AktivistInnen und SympathisantInnen des AZs und die örtliche Polizei auf dem Uni-Platz, auf dem die Thai-Boxer (die früher im Autonomen Zentrum in der Alten Bergheimerstr. 7a ihren Übungsraum hatten) ihre erste Übungsstunde abhielten. Danach zog die Gruppe, die mittlerweile auf die o.g. 40 Personen angewachsen war, über die Hauptstrasse zum Akademieplatz, um dort eine "Temporäre Autonome Zone" zu errichten. Solch eine Zone hat vor allem eine Bedeutung: "sich Freiraum nehmen, wenn keine anderen Möglichkeiten zur Verfügung stehen." Und so wird es an jedem 2. Montag im Monat einen weiteren Aktionstag mit unterschiedlichen Inhalten geben, vor allem, um zu zeigen, was möglich ist und was noch alles möglich wäre, wenn es ein neues AZ gäbe. |
Aktionstage vom 25. bis 28. Juni 2003 vor dem Rathaus Mit einer Kundgebung und verschiedener dezentraler Aktionen
gingen gestern am frühen Abend die Aktionstage für ein neues selbstverwaltetes
Zentrum in Heidelberg zu Ende. Seit Mittwoch, dem 25.06., befand sich
direkt vor dem Rathaus eine Dauermahnwache, bei der bis zu 80 SympathisantInnen
rund um die Uhr vor Ort waren. Neben den obligatorischen Aktionen, wie
VoKü, Brunch und verschiedener Plena, wurde der Versuch unternommen, inmitten
der Stadt, unter freiem Himmel, selbstverwaltet und selbstorganisiert
zu leben. Dieser Versuch ist gelungen. Im Programm befanden sich nicht
nur verschiedenste Workshops (wie z.B. T-Shirt-Druck, Schablonen basteln,
Buttons herstellen, Akrobatik und Jonglage), auch Straßen- und Puppentheater
und ein Singen des legendären AZ-Chores fanden statt. Am Donnerstag, dem
26.06., tagte am Nachmittag der Gemeinderat und wurde natürlich von einer
Gruppe von SympathisantInnen besucht. Wie natürlich zu erwarten war, hatte
der Gemeinderat, einschliesslich der Oberbürgermeisterin B. Weber (die
vor der Schließung des alten AZ versprochen hatte: "Keine Räumung ohne
Ersatz!") kein offenes Ohr für das Anliegen des "AZs im Exil"., neue Räume
zu erhalten. Am Freitag beendeten die AZ-SympathisantInnen spätabends
die Mahnwache mit Feuerjonglage und -spucken, was sicherlich einen bleibenden
Eindruck bei allen Anwesenden hinterließ. Die am nächsten Tag folgende
Kundgebung auf dem Uniplatz sollte der Abschluss der Aktionstage sein,
aber nach einem AgitProp-Puppentheater zur Geschichte des AZ in Heidelberg
und mehreren Redebeiträgen, fanden sich spontan unterschiedliche Gruppen
von AktivistInnen zusammen, um mit verschiedenen dezentralen Aktionen,
wie dem Besetzen mehrerer Plätze der Stadt zum Crocketspielen oder der
Errichtung einer temporär-autonomen Zone auf einem Teil der Hauptstraße
(Boulevard). Die Polizei war natürlich vor Ort und bewachte die SympathisantInnen
sehr gut. Nach unseren Informationen kam dabei niemand zu schaden und
niemand wurde verhaftet. Zu diesen Aktionstagen im Juni sind vier Ausgaben der Heidelberger Autonomen TagesZeitung entstanden. Hier könnt Ihr reinlesen (Ihr benötigt den Acrobat Reader!): HATZ
Nr.4 (28.06.2003) Bilder vom 26. Juni
2003
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