Autonomes Zentrum im Exil

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Heidelberg, 20.12.2000

Presseerklärung zum Prozess gegen Sympathisanten des Autonomen Zentrums (AZ)

Nachdem das Autonome Zentrum Heidelberg am 31.01.1999 seine Räume in der Alten Bergheimerstraße 7a verlassen hatte und es am Tag darauf zur offiziellen Schlüsselübergabe (der Vorstände des AZ-Vereins Gegendruck) an die zukünftige Besitzerin des Areals gekommen war, wurde das Gebäude vor den Augen mehrerer Dutzend AZ-SympathisantInnen abgerissen. Das bedeutete trotz eines gegenteiligen OB-Versprechens nach fast acht Jahren das ersatzlose Aus für diesen selbstverwalteten Treffpunkt.

Auch die für den 04.02.1999 angesetzte, offizielle Begehung des aussichtsreichsten Ersatzobjektes (Bahnausbesserungswerk am Wieblinger Ochsenkopf) mit AZ-Vertretern und Gemeinderatsmitgliedern wurde von Angehörigen der Stadtverwaltung verhindert.

Und selbst größere, öffentlichkeitswirksame Aktionen wie die dritte bundesweite AZ-Demonstration am 06.02.1999 (mit mehr als 1200 Personen) oder der mittlerweile traditionelle antifaschistische Aktionstag am 30.04.1999 unter den Mottos "Zusammen kämpfen - antifaschistisch, revolutionär, für ein neues AZ", "Burschenschaften abschaffen" und "Freiräume schaffen" (mit mehreren Hundert Menschen) konnten daran nichts mehr ändern - das AZ befand sich nun im Exil.

Drei Tage nach der alles entscheidenden Gemeinderatssitzung in Heidelberg zum Thema "AZ", auf der eine "Große Koalition" aus SPD, CDU, DIE HEIDELBERGER und FWV bei gleichzeitiger Ablehnung des einzig realistischen Lösungsvorschlags - des ehemaligen Bahnausbesserungswerks der Bahn AG im Heidelberger Stadtteil Wieblingen - eine "Containerlösung" (1 Container mit zwei Räumen à 25 qm) "irgendwo im Stadtteil" beschlossen hatte, veranstalteten etwa 150 AZ-SympathisantInnen auf dem "Neckarvorland" eine "Test Your AZ"-Vokü. Im Anschluss an diese öffentliche Vokü zogen 100 Menschen lautstark durch die Hauptstraße Richtung Rathaus; am Rathaus wurde die sich bereits auflösende Spontandemonstration dann von der Polizei angegriffen. Es kam zu vier Festnahmen; mehrere Personen aus dem AZ-SympathisantInnenumfeld wurden zum Teil schwer verletzt.

Gegen zwei der dabei Festgenommenen wurde Anfang 2000 ein Verfahren wegen Landfriedensbruchs, schwerer Körperverletzung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, versuchter Gefangenenbefreiung und Vermummung eingeleitet. In der ersten Verhandlung wurde eine Person schuldig gesprochen, weil der Richter den Tatbestand der Vermummung als erfüllt betrachtete. Die restlichen Tatvorwürfe mussten fallengelassen werden, weil sich die Aussagen der als Zeugen geladenen Polizisten widersprachen. Trotzdem wurde der Prozess gegen die zweite Person fortgesetzt. In zwei weiteren Verhandlungen versuchten die Staatsanwaltschaft und das Gericht, einen Schuldspruch zu begründen. Dies gelang jedoch nicht. Nach nunmehr neun Monaten erfolgte ein Freispruch für den zweiten Angeklagten, da sich letztendlich herausstellte, dass es sich um eine Verwechslung gehandelt haben muss beziehungsweise die Tatvorwürfe frei erfunden waren.

Vor dem Hintergrund der Pro-AZ-Aktionen in und um Hilde’s Hellebäch’l (siehe auch unsere letzten Presseerklärungen) sind wir der Meinung, dass sich dieser Prozess einreiht in den von der Stadt Heidelberg gegen das AZ gefahrenen Konfrontationskurs. Jede Meinungsäußerung - ob in Form der Teilnahme an einer spontanen AZ-Demonstration oder an einer VoKü bzw. Party für ein neues AZ - wird mit massiver, vor allem finanziell kostspieliger Repression von Seiten des Staates beantwortet, auch wenn die AZ-SympathisantInnen bei jeder Gelegenheit darauf hinweisen, dass es ihnen darum geht, konstruktiv über eine Lösung des Raumproblems mit der Stadt in Verhandlung zu treten.

In der Presseerklärung der Roten Hilfe Ortsgruppe Heidelberg vom 15.12.2000 heißt es hierzu, dass jede "Gerichtsverhandlung gegen SympathisantInnen des Autonomen Zentrums ... eine willkommene Chance für die Repressionsorgane [ist], einzuschüchtern und politische Sanktionen zu verhängen - [auch] ... über die selbst definierten Grenzen" hinaus.

Dem können wir uns nur anschließen und am Ende wieder einmal darauf hinweisen, dass der Kampf für ein neues Autonomes Zentrum so lange weiter geht, bis eine Lösung in Sicht ist.

Pressegruppe des Autonomen Zentrums im Exil

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